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Aus Schatten und Bildern zur Wahrheit. Die Bekehrung des seligen J. H. Newman
   

Autor: ks. Mieczysław Piotrowski TChr,
Liebt einander! 2/2011 → Bekehrungen



Am 18. September 2010 wurde Kardinal J. H. Newman, einer der berühmtesten Konvertiten der katholischen Kirche, von Papst Benedikt XVI. seliggesprochen. Newman war ein intellektuell und geistig genialer Mensch, dabei aber auch ein Mensch, der einen tiefen und demütigen Glauben besaß. Seine philosophischen und theologischen Texte gehören zu den größten Schätzen der Menschheit.

Der selige Kardinal John Henry Newman kam am 24. Februar 1801 in London, in der Old Broad Street, zur Welt. Sein Vater war Bankier, und seine Mutter stammte aus einer protestantischen, französischen Familie, die nach England ausgewandert war. John war der Älteste von sechs Geschwistern (er hatte zwei Brüder und drei Schwestern). Von der Mutter und Großmutter lernten die Kinder eine einfache und vertrauensvolle Frömmigkeit. John Henry erinnerte sich, dass er zur täglichen Bibellesung ermuntert wurde, jedoch bis zu seinem 15. Lebensjahr keinerlei religiöse Überzeugungen hatte.

Glaubenskrise und erste Bekehrung

John Henry Newman war sehr talentiert und wurde von seinem Vater im Geiste des liberalen Anglikanismus erzogen. Als er 14 Jahre alt war, las er Bücher, die die Glaubwürdigkeit der Bibel infrage stellten, die Kirche verunglimpften, die Existenz von Wundern und die Unsterblichkeit der Seele leugneten. Diese antichristlichen Inhalte führten dazu, dass der 15-jährige Henry den Glauben an Gott verlor. Im Herbst des Jahres 1816 kam es im Leben des Jungen zu einer radikalen Veränderung. Er traf auf einen brillanten anglikanischen Prediger, der ihm gute Bücher zum Lesen gab. So konnte Newman seine Glaubenskrise überwinden und daran glauben, dass das ewige Leben existiert. Er erlangte die Sicherheit wieder, dass es einen transzendenten Gott gibt, der durch das menschliche Gewissen spricht und von dem die Erlösung des Menschen abhängt. Leider war John Henry aufgrund der Lektüre antikatholischer, protestantischer Autoren davon überzeugt, dass der Papst der Antichrist und die katholische Kirche eine demoralisierte, abergläubische Institution ist.

Nach seiner Bekehrung legte der 15-jährige Newman private Keuschheitsgelübde ab; er begann, oft die Heilige Kommunion zu empfangen, betete täglich, pflegte das Bewusstsein der Gegenwart Gottes, meditierte die Texte der Heiligen Schrift, bekämpfte den Hochmut, die Eitelkeit, sexuelle Versuchungen, und kontrollierte seine Gefühle und sein Temperament.

Die Sünde hassen

Während des Heranwachsens machte J. H. Newman die Erfahrung starker Versuchungen, mit denen er entschieden kämpfte. Er schrieb: „Die Menschen in der Welt, die fleischlichen und ungläubigen, sind davon überzeugt, dass die Versuchungen, die sie erfahren, und die Sünden, denen sie erliegen, zu ihrer Natur gehören – und deshalb nicht ihre Schuld sind; auf diese Art und Weise stellen sie die Existenz der Sünde infrage, die doch das größte Unglück eines jeden Menschen ist. Man kann nicht den Weg des Glaubens zur Fülle des Glücks im Himmel beschreiten, wenn man nicht gleich am Anfang dieses Weges beginnt, die Sünde zu hassen“. Deshalb betete Newman folgendermaßen: „Herr, Du hast uns erschaffen, um uns glücklich zu machen. Und unser Glück beruht auf dem Gehorsam Dir gegenüber. Wir haben jedoch das Glück auf unseren eigenen Wegen gesucht – wir haben Dich verlassen. Oh mein Gott, wie zahlen wir – wie zahle ich es - Dir heim, wenn wir sündigen! Was für eine furchtbare Undankbarkeit! Und was für eine Strafe gibt es dafür, wenn wir unser Glück verwerfen und die Hölle anstatt des Himmels wählen! Ich weiß, Du wirst sagen: »Er soll tun, was er will! Wenn er das Verderben und den Untergang sucht, soll er das doch finden! Wenn er meine Gnaden verschmäht, die ich ihm gebe, so sollen sie für ihn zum Verhängnis werden!« Du, mein Gott, hast ein Anrecht auf mich, ich bin ganz Dein. Ich bin Dein Eigentum und Dein Werk, und meine einzige Aufgabe besteht darin, Dir zu dienen. Ich bekenne, oh mein Gott, dass ich dies oft vollkommen vergessen habe. Meistens habe ich mich so verhalten, als ob ich ganz Herr meiner selbst wäre, und war Dir gegenüber trotzig. Ich tat, was mir gefiel, und fragte nicht, ob es Dir gefiel. Die Verhärtung und Unempfindlichkeit meines Herzens ist so gewaltig, dass ich gar nicht wahrnehme, wie groß das Böse ist. Ich begreife nicht, wie schrecklich die Sünde ist – ich hasse und fürchte sie nicht so, wie ich es sollte. Sie erfüllt mich weder mit Abscheu noch mit Ekel, ich wende mich nicht mit Empörung von dem Bösen ab, weil es Dich beleidigt, vielmehr spiele ich damit, und wenn ich mich auch vor schweren Sünden hüte, so begehe ich doch die lässlichen Sünden ohne größeren Widerstand. Oh mein Gott, wie schrecklich ist doch der Unterschied zwischen dem, was ich bin, und dem, was ich sein sollte!“

J. H. Newman betete darum, die Sünde hassen zu können, und bemühte sich täglich, den Weg zu beschreiten, der ihn auf die Höhen der reinen Liebe und Heiligkeit führte.

Er war der Stimme seines Gewissens gehorsam, die für ihn gleichsam die Stimme Gottes war. Er schrieb: „So wie wir die grundlegendsten Informationen über die Welt von unseren Sinnen bekommen, so erhalten wir auch alle maßgeblichen Informationen über den Herrn und Gott dieses Universums vor allem von unserem Gewissen (…) Durch die sich die ganze Zeit über wiederholenden moralischen Niederlagen, bei denen das Gewissen derart wirkt, dass es uns heftig den Befehl unseres Herrn aufdrängt, bekommen wir immer wieder neue Beweise für die Existenz eines souveränen Herrschers, von dem diese einzelnen Befehle, die wir in unserem Bewusstsein erleben, stammen“.

Die Sehnsucht nach der Wahrheit

Bei seiner Suche nach der Wahrheit war Newman vollkommen kompromisslos. Er schrieb dazu: „Ich sehne mich von ganzem Herzen nach der Wahrheit und umfasse sie, wo auch immer ich sie finde“. Im Jahre 1817 begann er sein Studium in Oxford. Die ersten vier Jahre lang studierte er Literaturwissenschaften, Mathematik und Jura, später anglikanische Theologie. Aufgrund seiner hervorragenden Fähigkeiten wurde er bereits im Jahre 1822 zum Theologieprofessor am Oriel College nominiert. Am 29. Mai 1825, es war Pfingsten, wurde er zum anglikanischen Geistlichen geweiht. Im Jahre 1828 starb ganz unerwartet seine geliebte, erst 19-jährige Schwester Mary. Es war eine der schmerzhaftesten Erfahrungen im Leben des jungen Newman. Es machte ihm die Zerbrechlichkeit des irdischen Lebens bewusst und rückte die Ewigkeit ins Blickfeld. Er verstand, dass die moralische und geistige Vollkommenheit, also die Heiligkeit, viel wichtiger ist als intellektuelle Höchstleistungen.

Im Dezember des Jahres 1832 begann Newman eine lange Schiffsreise nach Spanien, Gibraltar, Algerien, Malta, Sizilien, Neapel und Rom. Er erreichte die Ewige Stadt am 2. März des Jahres 1833. Der Anblick der Kirchen Roms, der Kunstschätze und der Architektur machte einen kolossalen Eindruck auf ihn. Auf dem Rückweg, während eines Zwischenstopps im wunderschönen Hafen Bonifacio, schrieb Newman das Gedicht The Pilar oft the Cloud, das später zu dem bekannten Kirchenlied Lead, kindly light wurde. Der Autor brachte in diesem Gedicht die Zerbrechlichkeit seiner Existenz sowie seine vollkommene Hingabe in die Hände des Barmherzigen Gottes zum Ausdruck. Diese Erlebnisse führten dazu, dass Newman von ganzem Herzen nach Heiligkeit strebte. Er schrieb: „Wenn wir Gott nicht lieben, dann geschieht das deshalb, weil wir keine Sehnsucht danach verspürten, Ihn zu lieben, nicht versucht haben, Ihn zu lieben, niemals darum gebetet haben, Ihn lieben zu können. Wir trugen auch nicht täglich diesen Gedanken und diese Sehnsucht in unserer Seele, wir hatten Ihn nicht die ganze Zeit über in den kleinen Ereignissen des Alltags vor Augen. Es geht um die Sehnsucht, unseren Schöpfer kennenlernen zu wollen, und den Drang des Herzens danach, Ihm zu dienen. Das geht der religiösen Bekehrung voran“.

Die Säule und Stütze der Wahrheit

Einige Tage nach seiner Rückkehr aus Rom, im Juni des Jahres 1833, initiierte Newman gemeinsam mit John Keble, Edward Pusey und Richard Froud eine Bewegung zur Erneuerung der anglikanischen Kirche. Es war die sogenannte Oxforder Bewegung, deren inoffizieller Anführer Newman war. Eines der Hauptziele dieser Bewegung bestand in der Befreiung der Kirche von der weltlichen Regierung sowie in der Bekämpfung des Liberalismus, der die Fundamente des christlichen Glaubens zerstörte, da er die Existenz der objektiven, offenbarten Wahrheit infrage stellte. Die Doktrin der anglikanischen Kirche ist in dem offiziellen Schema der 39 Artikel enthalten, die zu Beginn des 16. Jahrhunderts unter Elisabeth I. zusammengestellt wurden. Die Oxforder Bewegung wollte eine Erneuerung des Anglikanismus, eine Rückkehr zu den katholischen Wurzeln. Um das katholische Antlitz der anglikanischen Kirche zu zeigen, veröffentlichte Newman in der britischen Zeitung The Times einen Text unter dem Titel Tract 90, in dem er aufzeigte, dass die 39 Artikel mit der katholischen Doktrin übereinstimmen.

Nach der Veröffentlichung von Tract 90 kam es zu vielen Bekehrungen zur Katholischen Kirche. Die Entscheidungsträger in Oxford verurteilten Tract 90 eindeutig und bezeichneten Newman als einen unehrlichen Menschen, der behaupte, man könne die 39 Artikel mit den „römisch-katholischen Fehlern“ vereinbaren. Der Standpunkt Newmans wurde in den Hirtenbriefen vom Oxforder Bischof und anderen anglikanischen Bischöfen scharf verurteilt. Newman wurde zum Objekt einer massiven Verleumdungskampagne in der Presse, hervorgerufen durch anglikanische Geistliche und liberale Universitätsprofessoren.

Bei seiner Entdeckung der Wahrheit waren das Studium der Anfänge der Kirche sowie die Schriften der Kirchenväter für Newman von entscheidender Bedeutung. Es wurde ihm bewusst, dass eine große Analogie zwischen der Atmosphäre, in der in den ersten Jahrhunderten des Christentums die Irrlehre des Arianismus entstanden war, und dem Liberalismus in der anglikanischen Kirche herrschte. Als er die Wahrheit über die Kirche der ersten Jahrhunderte entdeckte, schrieb Newman: „Ich hatte die ganze Zeit über den Gedanken vor Augen, dass es etwas Größeres als die anglikanische Staatskirche geben müsste, und dass dieses »größere Etwas« die in den ersten Jahrhunderten gegründete apostolische und katholische Kirche ist“.

Newman hatte die moralische Sicherheit erlangt, dass sich die anglikanische Kirche im Schisma befindet, und die römisch-katholische Gemeinschaft die Kirche der Apostel ist. Das Gewissen sagte ihm, dass sein Platz in der römisch-katholischen Kirche sei. Nur dort könne er erlöst werden. Gleichzeitig verspürte John Henry Angst. Er versuchte, diese durch geduldiges Warten, ein intensives Gebetsleben, Sühne und Studium zu überwinden. Jeden Tag verbrachte er über vier Stunden im Gebet und neun Stunden mit Studium zu. Während der Fastenzeit hielt er ein strenges Fasten und Abstinenz ein. Am Mittwoch und am Freitag aß er bis 18 Uhr nichts und las auch keine Zeitungen. In dieser Zeit erhielt er auch Briefe von seinen Freunden, die ihn vor den „schrecklichen“ Konsequenzen eines Übertritts in die katholische Kirche warnten.

Newman verzichtete auf seine Universitätsvorträge. Er zog sich in die Stille seines Gemeindelebens in Littlemore zurück, um ein klosterähnliches Leben zu führen. Sechs Jahre lang reifte in ihm die Entscheidung heran, endgültig in die Gemeinschaft der katholischen Kirche einzutreten. Newman beschrieb diesen Prozess des geistigen Kampfes in seinem Buch Apologia pro Vita Sua. Im September 1843 predigte er zum letzten Mal in seiner anglikanischen Kirche in Littlemore. Das Verlassen der anglikanischen Kirche war für Newman mit der Notwendigkeit verbunden, auch das akademische Oxforder Umfeld verlassen zu müssen. Über dieses Umfeld schrieb er: „Von allen menschlichen Dingen ist Oxford meinem Herzen am wichtigsten“. Es war eine ungemein schmerzhafte Erfahrung für Newman.

Gegen Ende des Jahres 1844 begann er mit der Arbeit an einem philosophischen Traktat über die Theorie der christlichen Doktrin. Je eingehender er sich mit der Lehre der Kirchenväter beschäftigte, desto sicherer wurde Newman, dass die Kirche der ersten Jahrhunderte unangetastet lediglich in der katholischen Kirche fortlebt. Das göttliche Glaubensgut in seiner Gesamtheit hatte nur die katholische Kirche bewahrt. Newman bekannte: „Durch das Studium der Auseinandersetzungen in der frühen Kirche reifte in meinem Verstand die klare Erkenntnis heran, dass wir, die Anglikaner, die Häretiker sind“.

Newman, der größte anglikanische Theologe, verzichtete auf seine akademische Karriere, die gut bezahlten Posten als Professor und Gemeindepfarrer, um ein Mitglied der katholischen Kirche zu werden, die seit den Zeiten Henrys VIII. in England rücksichtslos verfolgt wurde. Im England des 19. Jahrhunderts waren Katholiken Bürger zweiter Klasse. Die Entscheidung Newmans zum Eintritt in die katholische Kirche war für ihn also mit sehr schmerzhaften Konsequenzen verbunden: dem Verlust der Einnahmequellen, der Wohnung, der Freunde und des Ansehens.

Am 08. Oktober warf sich Newman einem katholischen Priester, Pater Dominique Barberi, zu Füßen und bat um seinen Segen, eine Beichte und die Aufnahme in die katholische Kirche. Im Laufe der Jahre folgten einige Hundert hervorragende Universitätsprofessoren den Spuren Newmans. Sie verzichteten auf ihre akademische Karriere, ihre Posten als Professoren, ihre Gemeinden … Die Bekehrung Newmans wurde zu einer großen Erschütterung für England und die Welt. Seinem Beispiel folgten Hunderte von anglikanischen Geistlichen, und auch einflussreiche Persönlichkeiten. Nach dem Erscheinen seines Buches über die Entwicklung der christlichen Doktrin stieg diese Zahl auf mehrere Tausend an.

In seinen mitreißenden Predigten betonte Newman, dass die Kirche „die Säule und das Fundament der Wahrheit ist“ (1.Timotheus 3, 15). Der Weg zur Erkenntnis Christi führt über die lebendige katholische Kirche, die die Kirche Christi, die wahre Erbin der Kirche der ersten Jahrhunderte ist. Newman verstand die Kirche als eine Gemeinschaft, in der Christus lebt, wirkt und lehrt. Er wusste, dass er als Mitglied dieser Kirche sein Gewissen, seinen Verstand und seine Gefühle der Leitung und Lehre Christi überlassen musste. Nicht das subjektive Gewissen, der Verstand oder die Gefühle sind hier die Entscheidungsinstanzen, sondern die Autorität Christi, der in seiner Kirche anwesend ist und lehrt. So erklärte Newman die Wahrheit über die Unfehlbarkeit des Papstes und der Kirche: „Das Evangelium ist eine tatsächliche Botschaft des Himmels, die durch die Gemeinschaft der katholischen Kirche geschützt und aufbewahrt wird“. Diese offenbarte Botschaft wurde der Kirche anvertraut, und „die Kirche ist unfehlbar in allem, was diese anvertraute Botschaft anbetrifft; was versteht man nämlich unter der Unfehlbarkeit der Lehre anderes, als dass der Lehrer bei seiner Belehrung vor Fehlern geschützt ist? (…) Wenn der Papst unfehlbar ist, dann nur deshalb, weil er an der Spitze der Kirche steht, die unfehlbar ist.“

Nachdem ich katholisch geworden bin

„Nachdem ich ein Katholik geworden bin,“ schreibt Newman, „lebte ich in einem vollkommenen Frieden und einer unzerstörbaren inneren Ruhe, ohne auch noch den geringsten Zweifel zu haben … Ich war nicht eifriger als vorher; aber es schien mir, als wäre ich nach einer turbulenten Reise in einen ruhigen Hafen eingelaufen, und dass das Glück, welches ich aus diesem Grunde empfinde, ununterbrochen bis auf den heutigen Tag andauert.“

Nach seinem Eintritt in die katholische Kirche litt Newman aufgrund von Unverständnis, Feindseligkeiten, Verleumdungen, Anschuldigungen der Heuchelei … Er ertrug das alles schweigsam wie Christus vor Pilatus; er reagierte nur dann, wenn die Anschuldigungen seine Treue der katholischen Kirche gegenüber infrage stellten. Er hörte jedoch nicht auf, all diejenigen zu lieben, die sich nach seiner Bekehrung von ihm abgewendet hatten.

Im Februar des Jahres 1846 begab sich Newman nach Rom. Er trat in das Kolleg De Propaganda Fide ein, um das theologische Studium aufzunehmen und sich auf die Priesterweihe vorzubereiten.

Danach schrieb Newman über die Eucharistie: „Nichts erfüllt mich dermaßen mit Freude, und nichts spricht so sehr zu meinem Herzen wie die Heilige Messfeier. Ich könnte fortwährend daran teilnehmen und wäre niemals gelangweilt. Es ist das Größte, was auf der Welt existiert. Der Ewige steigt auf den Altar, so wie Er in Fleisch und Blut gelebt hat, vor ihm beugen sich die Engel und zittern die Teufel. Christus hat ein fortwährendes Wunder Seines Leibes und Blutes in sichtbaren Zeichen eingesetzt (…). Und Er hat Seinen Priestern die Macht gegeben, das zu tun, was Er getan hat. Er hat sich den Sündern ausgeliefert. Der schwache, unwissende und nicht erleuchtete, sündige Mensch bringt dank der ihm verliehenen priesterlichen Macht den Allerhöchsten auf die Erde nieder, verbirgt Ihn in der Enge des Tabernakels und verteilt Ihn an das sündige Volk … Es ist doch klar, meine Brüder, dass wenn wir Gott nur als den Allmächtigen verkünden, wir Ihn nur halb erkennen. Wenn wir Ihn vollkommen erkennen wollen, dann müssen wir Ihn in der Eucharistie als Denjenigen erkennen, der »Gott mit uns« und »Jesus« (Gott ist die Erlösung) heißt“.

Der Heilige Vater Pius IX. erteilte Newman in Rom die Vollmacht, in England Oratorien des hl. Philip Neri zu gründen. Newman wurde zum Vorgesetzten der ersten Gründung in Birmingham ernannt. Dort wirkte er ab dem Jahr 1848. Er schrieb Artikel und Bücher, arbeitete als Seelsorger bei irischen Arbeitern, gab die Zeitschrift Rambler (Der Wanderer) für die katholische Intelligenz heraus. Die Ansichten Newmans waren sehr fortschrittlich und waren eine Vorbereitung für das 1. und 2. Vatikanische Konzil. In kurzer Zeit gründete Newman in London ein zweites Oratorium. Auf die Bitte des Papstes und des irischen Episkopats hin versammelte er einige hervorragende Professoren um sich, und eröffnete im Jahre 1845 eine katholische Universität in Dublin. Bis zum Jahre 1858 war er dort als Rektor tätig.

Newman war der Überzeugung, dass der Eintritt in die katholische Kirche für jeden Menschen, der aufrichtig nach der Wahrheit sucht, die Krönung seiner Suche sein wird. Er war der Meinung, dass „es in der wahren Philosophie nichts zwischen dem Atheismus und dem Katholizismus gibt, und ein wirklich konsequenter Verstand sich für das eine oder andere entscheiden muss.“ Zwischen diesen beiden sich entgegenstehenden Positionen liegt der Protestantismus. Newman liefert eine klare Anweisung zur Unterscheidung: „Es gibt nur zwei Wege, einen nach Rom und einen zum Atheismus. Der Anglikanismus ist eine Station in der Mitte des Weges auf die eine Seite, und der Liberalismus genauso, nur auf die andere Seite.“

Die Jahre 1864 – 1874 waren für Newman die fruchtbarsten, was seine theologischen Publikationen anbetrifft. Viele seiner Artikel, Bücher und Gedichte erlangten Weltruhm.

Im Jahre 1879 berief Papst Leo XIII. Newman aufgrund seiner Verdienste für die Theologie in die Reihe der Kardinäle der katholischen Kirche. Auf seinem Kardinalswappen ließ Newman das Motto „Cor ad cor loquitur“ (Herz spricht zum Herzen) anbringen.

Wenn Kardinal Newman predigte, hatte er die übernatürliche Gabe, die menschlichen Herzen zu Gott zu erheben. Er war ein Genie, das über eine selten anzutreffende Eloquenz und Frömmigkeit verfügte. Seine größte Sorge galt der Erweckung des lebendigen Glaubens und des Gehorsams Gott gegenüber. Denjenigen, die auf der Suche nach der Wahrheit waren, riet der Kardinal: „Ihr müsst eine solche Gesinnung in Euch selbst schaffen, dass Ihr jederzeit dazu bereit seid, Euch vollkommen in die Hände Gottes zu legen, Der Euch zum vollkommenen Gehorsam führen wird“.

Er warnte die reuigen Sünder vor der Ungeduld, damit sie sich nicht zu viele Gebete und Sühneopfer auferlegten, und gab ihnen den Rat, mit kleinen Bußübungen anzufangen und sich vom Beichtvater führen zu lassen.

Der selige Kardinal Newman versuchte, den frisch konvertierten Christen bewusst zu machen, dass sie auf dem Weg des Glaubens Proben unterworfen sein werden: „Ich werde erprobt: Mein Verstand wird erprobt, denn ich werde glauben müssen; meine Gefühle werden erprobt, denn ich werde Gott gegenüber gehorsam sein müssen, anstatt den eigenen Wünschen folgen zu können; mein Körper wird erprobt, denn ich werde ihn mir unterordnen müssen. (…) Sorge Dich nicht, gehe weiter. »Der Himmel ist nichts für Feiglinge«, sagte der hl. Philip. Rufe den Erlöser der Menschenen – Er wird Dich erhören. Er wird alle Deine Wunden heilen, die Dir während Deines Dienstes für den Herrn beigefügt wurden“.

Der selige Kardinal Newman starb am 11. August 1890. Vor seinem Tod bat er darum, dass sich auf seinem Grab die folgenden Worte finden: „Ex umbris et imaginibus in Veritatem“ (Aus den Schatten und Bildern zur Wahrheit).

„Habt acht, damit die Welt Euch nicht verführt“, warnt uns heute der selige Kardinal Newman. „Sie versucht, Euch davon zu überzeugen, dass nur sie vernünftig und klug ist, dass die Religion lediglich ein Überbleibsel ist… Sie wird das Schlechte als gut bezeichnen und das Gute als schlecht. Und sicherlich werdet ihr versucht werden, aber »wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet« (Matthäus 26, 41). Entweder ihr erobert die Welt, oder die Welt wird Euch erobern … Wählt, und denkt daran: »Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Bleibt daher fest und lasst euch nicht von Neuem das Joch der Knechtschaft auflegen!« (Brief an die Galater 5, 1). Fangen wir mit dem Glauben an, fangen wir mit Christus an, fangen wir mit Seinem Kreuz und den Demütigungen an, zu denen es führt. Lassen wir uns von Dem anziehen, der erhöht wurde, um uns so sich selber und alle Dinge zu schenken. Suchen wir zunächst »das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit«, dann »wird euch alles andere dazugegeben« (Matthäus 6, 33). Es können nur diejenigen diese Welt nutzen, die mit der unsichtbaren Welt in Kontakt getreten sind. Nur diejenigen nutzen die Welt, die es zunächst gelernt haben, sich der Welt zu entledigen und sich ihrer zu enthalten. Nur diejenigen können wirklich feiern, die vorher gefastet haben. Nur diejenigen können die Welt nutzen, die es gelernt haben, sie nicht zu missbrauchen, und nur diejenigen werden sie erben, die sie als Schatten der kommenden Welt annehmen und für diese kommende Welt die jetzige verlassen wollen.“

P. M. Piotrowski

Gebete des seligen Kardinals Newman

Mein großer Gott, Du bist allwissend, da Du alles geschaffen hast … Du kennst die Gedanken und Absichten einer jeden Seele so genau, als ob es in allem, was Du geschaffen hast, nur diese einzige Seele geben würde. Du kennst mich genau. Dein Blick umfasst die ganze Gegenwart, die Vergangenheit und die Zukunft als eine Einheit … Du weißt, wie mein Ende aussehen wird; Du hast meine Sterbestunde und mein Gericht bereits vorhergesehen. Wie schrecklich ist der Gedanke, dass ich einst vor meinem Richter stehen werde! …Oh, vermehre in mir die Offenheit und Aufrichtigkeit, nach der ich mich sehne! … Lehre mich, Dich immer mehr zu lieben, dann werde ich im Frieden ohne Angst vor Dir leben!

Du bist heilig in allen Deinen Werken, oh Herr. Die Sünde auf der Welt stammt nicht von Dir – sie stammt von dem Feind, von mir selbst und von allem, was mir gehört. Diese Schande betrifft mich und alle anderen Menschen, denn wir sollten das Gute wollen, haben uns aber dem Bösen übergeben. (…) Du wirst mich zu Dir rufen, wenn ich sterbe, und wirst mein Richter sein. „Weh mir, ich bin verloren. Denn ich bin ein Mann mit unreinen Lippen und lebe mitten in einem Volk mit unreinen Lippen“ (Jesaja 6, 5). Dein Kreuz, oh Herr, überwindet den Abgrund, der mich von Dir trennt. Es spricht über meine große Sündhaftigkeit und über Deine unbeschreibliche Abscheu vor der Sünde. Versenke in mein Gedächtnis, oh geliebter Herr und Erlöser, die ganze Tiefe der Lehre vom Kreuz, damit ich durch Dein heiliges Kreuz nicht nur begreife, wie sehr mich die Sünde von Dir entfernt, sondern auch die Vereinigung mit Dir erreiche!

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Veröffentlicht mit Zustimmung des "Liebt einander!" im Februar 2016.



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