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Eine kurze Geschichte der atheistischen Bewegungen (2. Teil)
   

Autor: Grzegorz Kucharczyk,
Liebt einander! 2/2013 → Geschichte



Eine kurze Geschichte der atheistischen Bewegungen (1. Teil).

Eine kurze Geschichte der atheistischen Bewegungen (3. Teil).

Ausbrüche kämpferischer Gottlosigkeit, manchmal sogar des Satanismus, waren Begleiterscheinungen von Laizisierungskampagnen, die im 19. Jahrhundert weitere europäische Länder in Mitleidenschaft zogen. In diesem Zusammenhang lässt sich folgende Gesetzmäßigkeit erkennen: Je stärker die geistliche und kulturelle katholische Tradition in einem Land, dem man die Laisierung überzustülpen versuchte, verankert war, desto drastischer fielen die antireligiösen Demonstrationen aus.

Warum ist ein verstorbener Papst so gefährlich?

Eine kurze Geschichte der atheistischen Bewegungen (2. Teil)Ein gutes Beispiel dafür sind die italienischen Staaten (im 19. Jahrhundert war die Apenninhalbinsel bis 1870 politisch aufgeteilt). Mit dem Beginn der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Piemont, der von mehreren aufeinander folgenden liberalen Politikern regiert wurde, zum Antriebsmotor der antikatholischen Politik. Auf diesem Territorium wurde zunächst die antikirchliche Gesetzgebung eingeführt: die Vertreibung der Ordensleute, die Konfiszierung kirchlicher Besitztümer, die Verbannung der Kirche aus den staatlichen Schulen sowie die Eingrenzung des kirchlichen Schulwesens. Im Zusammenhang mit der Vereinigung Italiens in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts, die von diesem Staat vorangetrieben wurde, erstreckte man die antikatholische Gesetzgebung auch auf die übrigen Gebiete Italiens, das päpstliche Rom mit inbegriffen, welches im September 1870 durch den Piemont annektiert worden war.

Die gegen die katholischen Geistlichen und Laien gerichtete Gewalt ging nicht nur vom Staatsapparat aus (zunächst durch den Piemont und dann durch das vereinte Italien), sondern von verschiedenen, die liberale Regierung unterstützenden, antikatholischen Bewegungen. Die zeitgenössischen Forscher des italienischen Antikatholizismus weisen daraufhin, dass die Gewalt gegen Katholiken, die sich auf die Straße verlagert hatte, ein besonderes Kennzeichen des italienischen Kulturkampfes an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war. Allein in den Jahren 1870 bis 1881 kam es in Rom zu 30 Vorfällen verbaler und körperlicher Übergriffe auf Geistliche (man störte beispielsweise regelmäßig in den Jahren 1870 bis 1873 die Gottesdienste in der römischen Kirche Il Gesu, die den Jesuiten gehörte; die Überfälle fanden ein Ende, nachdem man die Jesuiten im Jahre 1873 aus Rom vertrieb). Zum Alltag gehörten ebenfalls Attacken auf Prozessionen, sei es an Fronleichnam oder anderen kirchlichen Feiertagen. Zu dieser Art körperlicher Angriffe auf Prozessionsteilnehmer kam es im Jahre 1877 in Turin (bei dem Versuch, das 50jährige Bischofsjubiläum Pius IX. durch eine feierliche Prozession zu begehen) sowie im Jahre 1885 in Genua (hier kam es zu Übergriffen auf Prozessionsteilnehmer an Fronleichnam). Nach 1870 zerstörten „unbekannte Täter“ in vielen italienischen Städten (Rom nicht ausgeschlossen) massenweise Bilder und Figuren der Muttergottes.

Die gegen die Katholiken gerichtete Gewalt beschränkte sich charakteristischerweise nicht nur auf die Lebenden. Sie richtete sich auch gegen die Toten, besonders gegen diejenigen, die durch ihre konsequente Verteidigung des Glaubens den Autoren des von oben aufgezwungenen antikatholischen „Kulturkampfes“ unangenehm aufgefallen waren. Auf diese Weise wirkte der selige Papst Pius IX., der ein unbeugsamer Verteidiger der katholischen Orthodoxie war und gleichzeitig die liberale Ideologie bloßstellte (siehe der berühmte Syllabus aus dem Jahre 1864) durch seine ganze lange Amtszeit (1846-1878) hindurch. Als man am 13. August 1881 in einer feierlichen Prozession in Rom die sterblichen Überreste des seligen Papstes aus dem Petersdom in die St.-Lorenz-Basilika überführte, wurde diese von antikatholischen Kämpfern angegriffen, die schrien: „Es lebe Garibaldi!“, „Tod dem Papst!“, „Weg mit den Priestern!“, „Werft den Kadaver in den Tiber!“ Nur dank der entschiedenen Haltung der Gläubigen, die sich vor den Sarg mit dem Leichnam des seligen Pius IX. stellten, konnte die letzte Forderung nicht in die Tat umgesetzt werden. Wie später die katholische Presse berichtete, soll jeder der 400 Angreifer, die an dem Überfall beteiligt waren, eine Belohnung in Höhe von 8.000 Lira pro Kopf von den italienischen Freimaurern bekommen haben, um den päpstlichen Sarkophag in den Tiber zu werfen.

Ein Satanist als Nobelpreisträger

Solche Gewaltakte waren Folgen einer konsequent und systematisch seit Jahrzehnten (verstärkt nach 1848) auf der italienischen Halbinsel geführten antikatholischen Propaganda. Oftmals hatte diese Propaganda einen brutalen und vulgären Charakter. In den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden in ganz Italien „antiklerikale Vereine“, die unter dem Patronat der italienischen Freimaurer standen (Grande Oriente d’Italia). Auf diese Weise wurde der gewalttätige Antikatholizismus verbreitet.

Es lohnt sich, in diesem Zusammenhang die Popularität eines gewissen Giosuè Carducci, eines Freimaurers, zu erwähnen, der Poet und erklärter Satanist war. Im Jahre 1863 veröffentlichte er seinen Hymnus an den Satan, der in den folgenden Jahrzehnten zum Hymnus aller Befürworter eines „fortschrittlichen und antiklerikalen“ Italiens wurde. Im Jahre 1869, genau zum Zeitpunkt der Eröffnung der 1. Vatikanischen Konzils in Rom, druckte die italienische antikatholische Presse dieses satanische Werk Carduccis neu ab. In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts wurde dieser Schriftsteller zum Vorsitzenden des Erziehungsrats in der liberalen Regierung Italiens ernannt, im Jahre 1906 erhielt er den Nobelpreis für Literatur.

Wie bereits oben erwähnt, schrien die Angreifer, die im Jahre 1881 den Leichnam Pius IX. in den Tiber werfen wollten: „Es lebe Garibaldi!“ Giuseppe Garibaldi – „der Vater des vereinten Italiens“ (er wird bis auf den heutigen Tag in der offiziellen Darstellung der Geschichte Italiens als solcher bezeichnet) war nicht nur der Anführer der „Rothemden“, sondern auch ein ranghoher Freimaurer und Befürworter des gewalttätigen Antikatholizismus. Er beschäftigte sich auch mit der Schriftstellerei. In einer aus dem Jahre 1860 stammenden Erzählung findet sich folgender Aufruf: „Tod den Priestern! […] Wer, wenn nicht die Mitglieder dieser böswilligen Sekte, die aus Italien ein Land der Friedhöfe und der Toten gemacht hat, verdient den Tod? […] Das Blutvergießen widert mich an! Ich weiß jedoch nicht, ob Italien in der Lage dazu ist, sich von den Tyrannen seiner Seele und seines Leibes zu befreien, ohne sie zu vernichten, ohne sie bis auf den Letzten auszurotten!“

Die deutschen Liberalen: die „Gebetsindustrie“ angreifen

Die enge Verbindung zwischen der Entwicklung der antikatholischen Propaganda und den körperlichen Übergriffen auf Katholiken sieht man auch am Beispiel des deutschen (preußischen) Kulturkampfes. Sein Beginn fällt in die 70er Jahre des 19. Jahrhunderts, doch seine Grundlagen wurden durch die liberale Presse schon viel früher gelegt. Am 16. August 1869 kam es in diesem Zusammenhang zu einem denkwürdigen Ereignis im Berliner Stadtteil Moabit. Nach einer Versammlung des liberalen Berliner Arbeitervereins demolierten mehrere Tausend Demonstranten ein dort befindliches Dominikanerkloster sowie ein Kinderheim, das in demselben Jahr in diesem industriell geprägten Stadtteil Berlins gegründet worden war.

Noch vor diesen Ausschreitungen erschienen in der liberalen Presse serienmäßig Artikel darüber, welche Gefahren der deutschen modernen „Kultur“ seitens der rückständigen und altertümlichen katholischen Kultur drohen würden (die Dominikaner standen hier beispielhaft für diese Kultur, außerdem warf man ihnen vor, im 16. Jahrhundert, noch vor den Jesuiten, Hauptgegner Martin Luthers gewesen zu sein). Der Stadtteil Moabit wurde in diesen Zeitschriften als „neues Jerusalem“ bezeichnet – ein Ort, an dem die moderne industrielle Zivilisation entstehen sollte - und mithilfe von Karikaturen der angeblich so „morschen katholischen Kultur“ entgegengestellt.

Anfang August des Jahres 1869 betonte eine der größten liberalen Zeitungen Preußens, die „Vossische Zeitung“: „Die Gebetsindustrie lässt sich nieder, um den Rosenkranz zu singen und die fünf Wunden Christi zu betrachten“, und das in Moabit, einem Stadtteil Berlins, der „Sitz einer lebendigen wirtschaftlichen Tätigkeit ist“ und „Tausenden von Menschen Reichtum und Wohlstand garantiert.“ Noch bevor es zur Demolierung des Dominikanerklosters am 16. August 1869 kommen konnte, gaben die Leser der liberalen Presse (besonders der damals entstehenden Boulevardblätter, d.h. der satirischen Presse wie „Kladderadatsch“ oder „Berliner Wespen“) auf ihre Art und Weise zu verstehen, wie sehr sie sich der „modernen Zivilisation“, die durch eine Invasion der „Rückständigkeit“ bedroht wird, verbunden fühlten. Sie gingen während der Gottesdienste in die Kirchen hinein, behielten demonstrativ ihre Kopfbedeckungen auf, rauchten Zigaretten und unterhielten sich laut.

Die Autoren dieser antikatholischen Propaganda versuchten, die für sie unangenehme Tatsache zu vertuschen, dass die Anzahl der Katholiken in Berlin systematisch wuchs. Im Jahre 1821 wohnten in der Hauptstadt Preußens nicht ganz acht Tausend Katholiken, im Jahre 1868 waren es bereits über 56 Tausend (zu diesem Anstieg führte auch die Migration katholischer Polen aus den durch Preußen annektierten Landesteilen).

Charakteristisch war auch die Reaktion der liberalen Presse auf den Überfall auf das Dominikanerkloster. Den Moabiter Klostersturm stellte man als einen „spontanen Zornausbruch der Berliner Bevölkerung“ dar. Die liberalen Blätter distanzierten sich zwar von der Gewaltanwendung an sich, doch sollte man– wie die „Volkszeitung“ drei Tage nach dem Überfall schrieb – „das Missbehagen verstehen, welches diese Institution [das Dominikanerkloster – Anm. d. Verf.], die einzig und allein dem kontemplativen Nichtstun gewidmet ist, unter der protestantischen, arbeitenden Bevölkerung ausgelöst hat.“

Ähnlich wie in Italien war auch in dem durch Preußen vereinten Deutschland der selige Papst Pius IX. das Angriffsziel der verstärkt wirkenden antikatholischen „Verachtungsmaschinerie“. Um den Bischof Roms zu erniedrigen, setzte man Spott und Demütigungen ein. Im Jahre 1872 spottete beispielsweise die Berliner „Börsenzeitung“ über die traditionelle Bezeichnung des Papstes als „Heiliger Vater“, indem sie behauptete, dass diese Bezeichnung das Zölibat der Priester infrage stellen würde. Stattdessen schlug man die Bezeichnung „Heiliger Onkel“ für den Papst vor.

Man spottete auch über das vorgerückte Alter Pius IX. (aufgrund der Erfahrungen aus den letzten Lebensjahren Papst Johannes Pauls II. wissen wir, dass dies nicht der letzte Papst war, dem man dies zum Vorwurf machte). Heinrich von Treitschke, einer der berühmtesten Historiker Deutschlands im 19. Jahrhundert und gleichzeitig liberaler Politiker, nannte Pius IX. in seinen Publikationen einen „unberechenbaren, dümmlichen Greis“. Selbst nach vielen Jahren erweckte der Anblick des älteren Papstes in den Kämpfern gegen die „ultramontane Bedrohung“ (wie man die katholische Kultur im liberalen Jargon bezeichnete) die schlimmsten Konnotationen ästhetischer Natur.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erinnerte sich Paul von Hoensbroech, ein Ex-Jesuit und unermüdlicher Kämpfer um die Befreiung der deutschen Kultur von der „ultramontanen Vergiftung“ folgendermaßen an seinen Besuch in Rom im Jahre 1876, zwei Jahre vor dem Tod Papst Pius IX.: „Die äußere Erscheinung Pius IX., der vorgerückten Alters war, war nicht gerade entzückend: klein, gebeugt, ein aufgedunsenes Gesicht mit herunterhängenden Gesichtszügen; ein offener Mund, aus dem ständig etwas herausfloss; sichtbare Spuren von Tabak um die Nase herum, am Gesicht und an der weißen Soutane, unliebenswürdig, mit einem würdelosen Gang.“ (Fortsetzung folgt!)

Grzegorz Kucharczyk

Eine kurze Geschichte der atheistischen Bewegungen (1. Teil).

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Veröffentlicht mit Zustimmung des "Liebt einander!" im April 2016.



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